Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am Thema Corona kommt in Lockdown-Zeiten einfach keiner vorbei. Auch wir nicht, obwohl es beileibe kein lokal begrenztes Ereignis ist. Wobei die Kiezanwohner damit offenbar eher gelassen umgehen, wie eine zufällige Umfrage unter Passanten in der Seelingstraße ergab. Man vermißt zwar das soziale Miteinander und das kulturelle Leben, ansonsten aber fügt man sich den Auflagen und Beschränkungen recht folgsam. Auch das Chaos der staatlichen Impfkampagne wird eher resignativ bis ironisch hingenommen, speziell wir in Berlin sind es ja nicht anders gewöhnt… Die Gastronomen im Kiez sehen die Lage hingegen weniger gelassen, es hängt ja ihre Existenz davon ab. Die Verzögerungen der vollmundig angekündigten raschen und unbürokratischen Überbrückungshilfe treiben manchen Gastwirt allmählich in die Insolvenz.
Zwei Artikel in diesem Heft stammen von „Ehemaligen“. Zum einen blickt das Ärztepaar Lott zum Abschied aus dem Kiez zurück auf fast 40 Jahre, in denen sie für viele Anwohner als Hausärzte zuständig waren. Und zum zweiten erinnert sich ein früherer Kiezbewohner an seine Kinder- und Jugendzeit in der Sophie-Charlotten-Straße.
Die Diskussionen um eine anwohnerfreundliche Neugestaltung der A100 und des neuen Autobahndreiecks spielen ebenso weiterhin eine Rolle wie die Forderungen nach der Einbeziehung der Schloßstraße und des Gebiets südlich der Knobelsdorffstraße bis zum Amtsgerichtsplatz in das Milieuschutzgebiet Klausenerplatz.
Neu dürfte für viele Leser*innen sein, daß es in den „goldenen Zwanzigern“ im Kiez einen Betrieb gab, der Autos herstellte, und zwar in Handarbeit! Unser Kiezhistoriker Harald Marpe hat dies für Sie recherchiert.
Und Bernd Greve hat mehrere aktuelle Statistiken gewälzt, um festzustellen, inwiefern sich unser Kiez in den letzten Jahren hinsichtlich der Altersstruktur, der nationalen Zusammensetzung oder der Sozialstruktur verändert hat. Sein überraschendes Fazit lautet: „Die Lage ist stabil“! Der subjektive Eindruck, daß heute mehr junge Familien mit Kindern den Kiez bevölkern, läßt sich also zumindest statistisch nicht verifizieren.
Mehrere kleine Artikel befassen sich mit anderen interessanten Themen wie dem ärgerlichen rbb-Beitrag über die Nehringstraße, dem Porträt einer Pantomime- Künstlerin aus dem Kiez, einem Nachruf auf einen recht bekannten Anwohner, mit einer Idee für eine kostengünstige Alternative zur teuren „energetischen Altbausanierung“ oder mit der erneuten „Verpollerung“ des Kläre-Bloch-Platzes.
Alles in Allem ein thematisch recht reichhaltiges Heft, das wir Ihnen trotz der Corona-Erschwernisse präsentieren können. Wir hoffen, es macht ihnen Freude beim Lesen.
Ihre KiezBlatt-Redaktion